Verleihung des Dissertationspreises der Sektion Stadt- und Regionalsoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) im Rahmen der Mitgliederversammlung am 13. November 2015 in Fulda
Der Dissertationspreis der Sektion Stadt- und Regionalsoziologie in der DGS wurde 2015 zum zweiten Mal vergeben. Mit dem Preis werden alle zwei Jahre empirisch, methodisch und/oder theoretisch herausragende Dissertationen ausgezeichnet, die sich grundlegend mit Fragen der Stadt- und Regionalsoziologie auseinandersetzen. Die Preisverleihung und Würdigung der Preisträgerinnen fand im Rahmen der Mitgliederversammlung in Fulda am 13. November 2015 statt.
Wie schon im Jahr 2013 nominierte die diesjährige Jury zwei PreisträgerInnen. Die Jurymitglieder Norbert Gestring (Oldenburg), Carsten Keller (Kassel), Dieter Rink (Leipzig) und Annette Spellerberg (Kaiserslautern) hatten aus insgesamt 14 Eingängen auszuwählen. Ausgezeichnet wurden für ihre Dissertationsschriften Christine Barwick („Moving out or staying put? Neighborhood choice, notions of community, and identification(s) of upwardly mobile Turkish-Germans”) und Karen Sievers (“Lost in transformation? Raumbezogene Bindungen im Wandel städtebaulicher Erneuerungsmaßnahmen“).
In der Arbeit „Moving out or staying put?“ geht Christine Barwick der Fragestellung nach, aus welchen Motiven sozial aufgestiegene Deutsch-Türken entweder aus sozial benachteiligten innerstädtischen Vierteln wegziehen oder aber verbleiben und sich innerhalb dieser Quartiere ihre Wohnwünsche realisieren. Dabei interessiert die Autorin neben den Motiven, welche Rolle die Gemeinschaft und Netzwerke sowie Identifikationsprozesse aus Sicht der umgezogenen oder verbliebenen Deutsch-Türken spielen. Empirisch liegt der Arbeit eine qualitative Untersuchung in Berlin zugrunde, wo Frau Barwick 41 Interviews mit beruflich erfolgreichen Deutsch-Türken geführt hat. Die Dissertation besticht neben ihren facettenreichen und neuen Erkenntnissen auch durch einen besonders kompetenten Umgang mit den qualitativen Daten, die vor dem Hintergrund einer breiten Rezeption internationaler Studien präsentiert werden.
Karen Sievers untersucht in der Arbeit „Lost in transformation?“ die Bedeutung raumbezogener Bindungen im Rahmen städtebaulicher Erneuerungsmaßnahmen. Als ein zentrales Konzept dient der Autorin das der „Heimat“, mit dem sie sich theoretisch und historisch-rekonstruktiv auseinandersetzt. Beispiele der Sanierungspraxis und der Räumung von Orten durch den Braunkohletagebau werden dann hinsichtlich der Frage analysiert, was das aktuelle Programm „Stadtumbau Ost“ aus diesen lernen könnte. Auf diese Weise entwickelt die Arbeit Kriterien, woran ein behutsamer Stadtumbau gemessen werden müsste, und sie beleuchtet, wie Theorie und Praxis des Stadtumbaus mit der Herausforderung raumbezogener Bindungen tatsächlich umgehen. Neben der innovativen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem Konzept der raumbezogenen Bindungen besteht eine herausragende Leistung der Dissertation in der systematischen Analyse der drei Beispiele der Stadterneuerung, insbesondere des Programms „Stadtumbau Ost“.
Annette Spellerberg und Carsten Keller stellten als Mitglieder der Jury dem Publikum die beiden Dissertationen vor und würdigten in ihrer Laudatio deren besondere Leistungen sowie ihren Beitrag zur Stadt- und Regionalsoziologie. Nach Verleihung der Urkunden klang der Abend mit Büffet, Getränken und angeregten Gesprächen aus.
Von Karsten Keller und Annette Spellerberg